Einer der vielen Reisetrends der letzten Jahre: einen Kochkurs im Urlaub besuchen, um die landestypische beziehungsweise regionale Küche mit zurück in die Heimat zu nehmen und bestenfalls an Tagen, wenn vergangene wie nächste Reisen nur Erinnerung und vage Hoffnung sind, sich kulinarisch an einen vermeintlich besseren Ort zu begeben. Diese Entwicklung erreichte auch Lanzarote. Wer fürchtet, ihn könnte die Sehnsucht nach Spanien oder Lanzarote packen oder wer einfach nur sein Repertoire erweitern möchte, dem sei der Besuch eines Kurses bei Véronique La Faouder und Antonio Chicón in ihrer Kochschule „Cook in Lanzarote“ in Uga empfohlen.
„Von Hand lernen, nicht durch Zuschauen“, damit wirbt die erst seit diesem Juni bestehende Kochschule „Cook in Lanzarote“, die von der Bretonin Véronique La Faouder und dem Madrilenen Antonio Chicón geleitet wird. Um diesem Motto bei unserem Kurs „Spanische Klassiker“ gerecht zu werden, bittet Antonio die fünf Teilnehmer, die neben uns, Susanne Bernard und Sarah Schulz, aus drei Londonern besteht, nach einer kurzen Begrüßung und Einführung, die im ästhetisch sehr ansprechenden Empfangsbereich mit manrique-inspiriertem Interieur stattfindet, auch gleich in die ebenso geschmackvoll designte, aber vor allem gut ausgestattete Küche. An die insgesamt acht Kochplätze, die jeweils mit zwei Gasherdplatten ausgestattet sind und dank eines nebenstehenden Rollwagens auch Arbeitsfläche bieten, teilen wir uns auf. Zum Start in den Tag steht als erstes die Zubereitung des Nachtischs auf dem Plan, wie es auch in Restaurants der Fall ist, weil die Katalanische Creme, der Schlusspunkt unseres spanischen Menüs, genauso wie viele andere Desserts zwischen der Zubereitung und dem Verzehr kaltgestellt werden muss. Danach werden wir einen alkoholfreien Cocktail oder Agua de Valencia, ein typisches Sektgetränk mit Orangensaft, eine Spezialität der drittgrößten Stadt Spaniens, zubereiten sowie das katalanische, aber in vielen Regionen Spaniens beliebte pa amb tomàquet. Letzteres besteht aus geröstetem Brot mit geriebener Tomate und wird mit Knoblauch aromatisiert sowie Olivenöl und Salz verfeinert. Lanzarotenische Käsesorten, darunter ein geräucherter Ziegenkäse sowie einer mit Oregano, sowie Schinken, frisch geschnitten von der Keule, runden diesen Imbiss ab. Als Vorspeise bereiten wir eine Gazpacho, eine vegane, kalte Tomatensuppe, zu, die genauso wie die Hauptspeise, Paella, weitere Klassiker der spanischen Küche sind. Anders als in Valencia, wo das typische Reisgericht helles Fleisch wie Kaninchen und Huhn enthält, steht auf unserem Plan eine Variante mit Fisch und Meeresfrüchten – oftmals von Touristen fälschlicherweise für die Originalversion gehalten.
Für die Teilnahme sind keine Vorkenntnisse oder Erfahrung erforderlich, im Gegenteil erklärt Antonio, der sein Wissen während der Ausbildung am Institut Paul Bocuse in Lyon erworben hat, genau ab dem Punkt, wo man nicht weiß, wie es funktionieren soll. Bei mir ist das der zweite Schritt des Tages, in dem Eier aufgeschlagen werden müssen, etwas, das ich äußerst selten und meist mit geringem Erfolg gemacht habe. „Nein, Quatsch, mach es, wie ich es dir gezeigt habe“, wendet er meine Befürchtung ab, das Ei, welches aus hygienischen Gründen an der Kante der Arbeitsfläche aufgeschlagen werden soll, könnte auf dem Boden landen. Zu meiner Verwunderung schaffe ich es tatsächlich, das Ei vorsichtig aufzuschlagen und Eiweiß und -gelb voneinander zu trennen. Übrigens, falls sie sich wundern: Während in Restaurants der Gebrauch frischer Eier untersagt ist, ist dies im Kochkurs erlaubt, da wir unser Essen selbst zubereiten.
Egal, wie versiert Sie in der Küche sind, als enormer Vorteil erweisen sich die verbalen Anweisungen Antonios. Es ist ungemein angenehm, beim Ausprobieren eines unbekannten Rezepts gesagt zu bekommen, was man wann machen muss. Kein siebter Blick in ein Kochbuch oder gar noch mal ein Entsperren von Smartphone oder Tablet sind nötig, um sich zu vergewissern, alles richtig zu machen. Ein weiterer nicht zu verkennender Vorteil ist die Tatsache, dass Antonio und Véro die Zutaten schon vorbereitet hatten und nicht jeder Teilnehmer erst einmal soundsoviel Milliliter Milch und x Gramm Mehl abmessen und wiegen muss. Trotz all dieser Hilfe werden Sie – es sei denn, Sie bitten explizit um Hilfe, die Antonio in jedem Moment gerne bereit ist zu leisten – alles selbst zubereiten und kochen. Und mit der Zeit gehen auch eventuell vorhandene Zweifel verloren. Ich habe – und dafür bin ich enorm dankbar, auch wenn er viele Vorteile haben soll – keinen Gasherd, scheue mich immer, wenn ich vor einem stehe, die Flamme zu entzünden. In Uga ist es anders: Ich greife nach dem Anzünder, als sei dies normaler Alltag. Der selbstverständliche Umgang mit dem Arbeitsmaterial gibt Selbstvertrauen. Nur als wir die sogenannten supremes schneiden, also Orangen filetieren sollen, lasse ich mir ein kleines Messer reichen, denn eine Küche setzte ich noch nie in Brand, geschnitten habe ich mich schon mal öfter. Ich möchte das Schicksal nicht herausfordern. Wobei dies sowie das Schneiden des Schinkens die beiden einzigen Momente sind, in denen wir mit Messern, eben aus Sicherheitsgründen, umgehen. Obwohl es eine Kunst für sich ist oder auch gerade deswegen, ist an diesem Tag das Schinkenschneiden wenig populär. Die beiden englischen Herren versuchen sich daran, aber sobald sie gegenseitig ein vernünftiges Foto geschossen haben, geben sie sich mit der geringen Ausbeute zufrieden. Dabei muss angemerkt werden, dass jamón ibérico zu Tapaszwecken immer nur in etwa drei bis fünf Gramm-Stückchen geschnitten werden, was einem Bissen entspricht.
Neben den eigentlichen Rezepten gibt Antonio auch immer wieder Anregungen, wie man die Vorgaben verändern kann. So empfiehlt er, anstatt der traditionellen Tomatengazpacho eine Erdbeer- oder Rote Bete-Variante auszuprobieren, was bei uns Teilnehmern Begeisterung auslöst. In diesem Zusammenhang berichtet er auch von seiner andalusischen Großmutter, deren Rezepte er weitergibt: „Bei ihr zu Hause wurde nach dem Besuch des Samstagsmarkts, wo sie kiloweise Tomaten gekauft hatte, Gazpacho für die ganze Woche zubereitet.“ Anstatt Limonade trank man dort immer ein Gläschen Suppe zur Erfrischung. Eine Tradition, die in einer Gesellschaft, die viel zu viel raffinierten Zucker konsumiert, wiederbelebt werden sollte.
Als es an die Zubereitung der Paella geht, setze ich aus. Wir hatten versäumt, Antonio darüber zu informieren, dass ich keinen Fisch und keine Meeresfrüchte konsumiere und auch das Weglassen nichts bringe, da er Fischfond als Kochflüssigkeit vorbereitet hatte. „Das ist so schade, je nach Saison mache ich die Gemüsepaellas mit den Geheimzutaten Artischocke oder Kürbis. So lecker“, bedauert er. Vergessen Sie also nicht, ihre Ernährungsvorlieben bei der Buchung des Kurses anzugeben. Wenn diese bekannt sind, ist es für Véro und Antonio kein Problem, diese zu respektieren – im Gegenteil freut es beide, jedem gerecht zu werden.
Das letzte Gericht ist unter kulturellen Gesichtspunkten der interessanteste Teil des Kurses, da Antonio berichtet, wie der benutzte Bomba-Reis in der Antike durch Alexander den Großen seinen Weg aus Asien Richtung Europa fand oder, dass die Pfanne, die in der kastilischen, also spanischen Sprache paellera genannt wird, auf Katalanisch, der Sprache in der Region Valencia, paella heißt, die Übersetzung des Worts Pfanne, und somit das Utensil namensgebend für das Gericht war.
Den Abschluss des Kurses bildet das gemeinsame Essen der zubereiteten Köstlichkeiten an einem der rustikalen, aber stilvoll gedeckten Tische im Empfangsbereich der Kochschule. Ein idealer Tag für Hobbyköche und solche, die es werden wollen. Wer jemals die Räumlichkeiten einer Provinzvolkshochschule besuchte, um deren mitunter bemerkenswerte Kochangebote wahrzunehmen, wird bei Véro und Antonio mehr als glücklich.
Cook in Lanzarote
Véronique La Faouder und
Antonio Chicón
Calle El Traspiés, 1
35570 Uga
Telefon: 0034 928 836 274
www.cookinlanzarote.com
Geöffnet montags bis freitags: 10 bis 13:30 Uhr
Kochkurse ab 69 Euro pro Person. Keine Vorkenntnisse erforderlich.