(03/08 N°20) Anfang Februar protestierten etwa Tausend Einwohner Lanzarotes gegen die hohen Lebensmittelpreise auf Lanzarote. In einem langen Demonstrationszug, von der Fußgängerzone bis zum „Parque Islas Canarias“ in Arrecife, prangerten die Bürger das auf der Insel herrschende Lebensmittel-Oligopol (Marktform mit vielen Nachfragern aber wenigen Anbietern) an und machten das Gesetz, welches die Zulassung von Discount-Supermärkten auf den Kanaren verhindert, dafür verantwortlich, dass im hiesigen Lebensmittelhandel kein wirklicher Wettbewerb herrscht. Mit erhobener Faust forderte Leticia Padilla, Initiatorin der Demo, die Demonstranten auf, zu kämpfen bis diese Missstände beseitigt seien.
Die Preise für Lebenshaltungskosten auf Lanzarote steigen derzeit am zweitschnellsten in ganz Spanien – nach der Region Murcia – und liegen insgesamt weit über denen der meisten anderen Kanareninseln. Besonders schmerzlich für viele Geringverdiener sind die hohen Lebensmittelpreise: So sind zum Beispiel Früchte auf unserer Insel um satte 28 Prozent teuerer als auf La Palma. Vergleicht man die Preise mit denen Festlandspaniens oder Deutschlands sieht die Bilanz noch schlechter aus. Und dies, obwohl auf den Kanaren die Mehrwertsteuer für Grundlebensmittel nur zwei Prozent beträgt, im Gegensatz zu sieben Prozent auf der Peninsula.
Der Unmut über die hohen Lebensmittelpreise gärt schon lange in der Bevölkerung und so war es für die 32jährige Hausfrau Padilla nicht schwer, die Massen zu mobilisieren.Leticia und ihre Mitstreiter sehen den Grund für die überteuerten Lebensmittel darin, dass sich alle großen Supermärkte auf Lanzarote in den Händen von nur zwei Lizenznehmern der Ketten Spar und Hiperdino befinden und diese beiden rund 74 Prozent der gesamten Supermarktverkaufsflächen auf Lanzarote besetzen. Obwohl jedem von ihnen laut Gesetz eigentlich maximal 25 Prozent zustünden. Ein weiterer Kritikpunkt der Demonstranten ist, dass das bestehende Handelsgesetz der Kanaren (Ley de Comercio des Gobierno de Canarias von 2006) für die Zulassung eines Discount-Supermarkts eine bestimmte Bevölkerungsdichte verlangt, die auf Lanzarote und den anderen Kanareninseln nicht erreicht wird. So wird Lidl & Co. seit Jahren systematisch der Zugang auf die Kanaren verwehrt. In einem Interview mit Lanzarote37° forderte Padilla außerdem, die landwirtschaftliche Produktion auf Lanzarote zu intensivieren, um weniger vom Import abhängig zu sein.
Wenige Tage nach der Demonstration haben sich die lokalen Politiker prompt bewegt und Juan Félix Eugenio, Beauftragter für Wirtschaft und Finanzwesen des Cabildo von Lanzarote, kündigte entsprechende Maßnahmen an: Man wolle die politischen Kräfte auf Lanzarote bündeln und sich mit der Schwesterinsel Fuerteventura zusammentun, um im Kanarischen Parlament eine geschlossene Front bilden zu können. Die beiden östlichen Inseln stellen immerhin 15 Abgeordnete im Parlament in Gran Canaria. Außerdem, so versprach Eugenio, werde das Cabildo Maßnahmen ergreifen, um die Primärproduktion auf der Insel zu steigern und die Schiffsverbindungen für Waren- und Personentransport zu erhöhen. Auch bestünde die Inselregierung weiterhin darauf, im Hafen Los Mármoles einen „Punto de inspección fronteriza“ (PIF) einzurichten, damit tierische Produkte aus Drittländern (Länder außerhalb der EU) nicht mehr über Gran Canaria oder Teneriffa eingeführt werden müssen, sondern direkt nach Lanzarote geliefert werden können. Inselpräsidentin Manuela Armas habe bereits 600.000 Euro für entsprechende Vorarbeiten bewilligt. Zum Abschluss seiner Ausführungen versäumte Eugenio allerdings nicht, allzu hohe Erwartungen der Bürger frühzeitig zu dämpfen: „Alle Aktionen, die heute in Angriff genommen werden, werden sich erst in einem oder in eineinhalb Jahren auf die Preise der Lebensmittel auswirken“, so seine Prognose.
Leticia Padilla ist über diese Anstrengungen des Cabildo „sehr erfreut“, wie sie im Interview mit Lanzarote37° versicherte. Die Mutter einer 7jährigen Tochter betonte aber auch, dass sie wüsste, „…wann Politiker wem Versprechungen machen, besonders vor den Wahlen“, und sie erst glaube, dass etwas getan wurde, wenn sich wirklich etwas bewegt.“Zwischenzeitlich wurde auch der von Leticia angekündigte Verbraucherverein „Asociación de Consumidores de Lanzarote“ (ACULANZA) gegründet. Leticia selbst hat sich aber, obwohl sie zur Vizepräsidentin gewählt worden ist, aus dem Verein zurückgezogen. „Einige Mitglieder haben mir zu viele politische Ambitionen, legen teilweise nationalistische Züge an den Tag, damit gehe ich nicht konform. Ich will eine Bewegung, die für geringere Lebenshaltungskosten kämpft und die von allen getragen wird, egal ob hier geboren oder zugezogen, dafür kämpfe ich weiter“, so die gebürtige Französin.
Leticia und ihre Mitstreiter, viele davon Hausfrauen, deren Familieneinkommen oft nicht bis zum Monatsende reicht, sammeln derzeit Unterschriften, um eine Änderung des Ley de Comercio durchzudrücken, damit Discounter auf Lanzarote zugelassen werden und das Lebensmittel-Oligopol von Hiperdino und Spar gebrochen werden kann.
Weitere Informationen zur Bürgerbewegung und zur Unterschriftensammlung finden Sie auf der offiziellen Webseite dosdosdosmilocho.foroactivo.com