(07-10-10) Die Redaktion der deutschsprachigen Inselzeitung Lanzarote37° in Haría mit ihrem traumhaften Ausblick auf das Meer: Seit vier Tagen sitze nun auch ich hier und versuche mich im Berufsfeld des Journalisten. „Ich“ ist Sarah, 26 Jahre alt und von der Ausbildung her Historikerin.
Für sechs Monate werde ich das Team des Magazins unterstützen, um mich weiterentwickeln und meine Grundlagen ausbauen zu können. Auch wenn man sagt, aller Anfang sei schwer, bin ich guter Dinge und freue mich auf die folgende Zeit.
Die berühmten Schwierigkeiten des Anfangs erlebte ich noch in Deutschland, als mich eine E-Mail meiner Fluggesellschaft informierte, dass ich meinen Flug wegen des Streiks am 29. September nur mit Handgepäck antreten könne. Mit Bauchschmerzen buchte ich den Flug um und informierte dann meine neue Chefin Susanne über die Änderung. Ein Glück, dass sie verständnisvoll reagierte.
Am vergangenen Samstag trat ich dann meine Reise an. Nach viereinhalb Stunden in einem Flugzeug mit vielen reisenden Familien – und damit verbundenem Geschrei und Gebrüll der armen Kleinen, die immer unruhiger wurden und sich gegenseitig zu Schimpftiraden anstachelten – kam ich am frühen Abend auf der Insel an. Bei Nieselregen. Schon die Durchsage des Flugkapitäns bei Abflug in Weeze hätte mich aufhorchen lassen müssen: „Das Wetter in Lanzarote ist genauso schön wie hier.“ Haben Menschen mit einem beruflichen Bezug zum Wetter eine andere Auffassung desselben? Gestartet waren wir durch eine dicke Wolkendecke und zur Landung mussten wir dann wieder eine ebensolche durchfliegen. Das hatte ich mir anders vorgestellt, aber immerhin war es deutlich wärmer als in der verlassenen Heimat.
Beim Betreten der Ankunftshalle wurde ich schon erwartet. Susanne und meine zwei Praktikantenkollegen und künftigen Mitbewohnern in Personalunion, Tanja und Benedikt, empfingen mich herzlich. Nach einem Abstecher zum Supermarkt ging es Richtung „neues Zuhause“ im Norden der Insel.
„Dauert es wirklich zwei Minuten bis zum Strand?“ „Ja, wenn du schleichst.“ Tanjas Antwort musste ich gleich nach dem Auspacken meines Koffers auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen. So schnappte ich mir das Handy, um meinen Eltern eine Nachricht über die gute Ankunft zukommen zu lassen, und ging los. Ich tippte nicht besonders schnell und hob selbstverständlich gelegentlich den Blick, um die neue Umgebung auf mich wirken zu lassen, aber die Mitteilung war kaum fertig, als es auch schon an der Zeit war, die Flipflops auszuziehen: Der Strand war erreicht und lud mich zum abendlichen Spaziergang ein.
Am nächsten Morgen bewies sich, dass ich tatsächlich eine Glückssträhne habe. Nicht nur, dass ich auf dieser wunderschönen Insel ein Praktikum machen kann, nein, gleich an meinem ersten Tag gewann ich beim Knobeln einen Bootsausflug gegen Benedikt. An einem Tag ohne Wolken und mit strahlendem Sonnenschein.
Nach dem Besuch des Sonntagsmarkts in Teguise, machten Tanja und ich uns auf den Weg nach Puerto Calero. Zusammen mit der Crew des Shelltone Whale Project fuhren wir aufs Meer und versuchten mittels einer Ocean Shell, einem selbstentworfenen Blasinstrument in Muschelform (siehe Bericht in der Lanzarote37°-Ausgabe Nr. 41 Oktober/November), mit den Meeressäugern zu kommunizieren. Leider blieben unsere Töne ungehört, und kein Wal oder Delphin zeigte sich. Dafür durften wir im offenen Meer schwimmen, was herrlich, aber auch anstrengend war. Erholung von den Schwimmstrapazen versprach das Sonnendeck.
In der Redaktion sitze ich nun seit Montag. Von unserer Wohnung in Arrieta dauert es nur wenige Minuten, um bis nach Haría zu fahren. Während der Fahrt hat man einen spektakulären Ausblick hinunter aufs Meer, denn Haría liegt rund 300 Meter oberhalb unserer Wohngemeinschaft. Fast behauptete ich, in Deutschland kann man stundenlang fahren, ohne eine ähnlich tolle Sicht zu haben – vielleicht doch zu Unrecht. Schließlich war ich zu Studienzeiten immer hocherfreut gewesen, von der Bibliothek des Historischen Seminars aus, den Kölner Dom zu sehen. Ändern sich so die Dinge?
Nach vollbrachter Arbeit genieße ich es nun, den Blick neben den Bildschirm schweifen zu lassen, und eine Palme und das Meer zu sehen. Sattes Blau bis zum Horizont. Dennoch werde ich mein Ziel, hier etwas für meine berufliche Zukunft zu lernen, nicht aus den Augen verlieren. Den ersten Kurzmeldungen, die ich geschrieben habe, werden hoffentlich lange Artikel und gut recherchierte Geschichten folgen. Ich möchte mich verbessern: meine allgemeinen journalistischen Grundkenntnisse, meinen Stil. Viel Neues möchte ich machen, sehen und erleben. Von meinem Schaffen werde ich fleißig hier im Blog berichten. Schön, dass sich auf Lanzarote die wichtigen Dinge mit den angenehmen verbinden lassen.