1.12.2015 Madrid (ssc) – Im Herbst berichtete die Tageszeitung El País über das Kaufverhalten der Spanier, welches sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend geändert habe.
Bis zuletzt, bevor sich große Supermarktfilialen oder sogenannte Hypermärkte (hipermercados) in den Innenstädten etabliert hatten, kauften spanische Familien in kleinen Läden, den „ultramarinos“ ein, jenen Relikten aus vergangenen Zeiten, deren Namen daher rührten, dass sie einst hauptsächlich überseeische Produkte wie beispielsweise Kaffee, Gewürze und andere Importwaren verkauft hatten, aber später dann auch vieles Weiteres des täglichen Bedarfs führten, ähnlich eines Kolonialwaren- oder Tante Emma-Ladens. Noch Mitte der 1980er Jahre gab es doppelt so viele dieser kleineren Läden wie aktuell. Für frische Produkte wählten Spanier die Bäckerei, den Obst- und Fischhändler sowie den Metzger des Viertels. Auch Großeinkäufe zu Monatsbeginn waren beliebt, da oftmals eine längere und somit lästige Autofahrt zu einem großen Anbieter in Kauf genommen werden musste.
Heutzutage könne man Lebensmittel und vielerlei Dinge des täglichen Bedarfs in einem einzigen Laden erwerben – es gab 2014 zehn Mal so viele Supermärkte wie 1985 –, der darüber hinaus großzügige Öffnungszeiten habe. In Madrids zentralem Stadtteil Lavapiés erweiterte die Carrefour-Filiale ihre unlängst von 7:30 bis 2 Uhr. Die Bewohner des Viertels befürworteten dies und tatsächlich kämen deutlich nach Mitternacht Kunden, um ihre Einkäufe zu tätigen, weswegen nun, zumindest zu Testzwecken, ein Ausbau auf 24 Stunden in Planung stehe. Dieses Kaufverhalten sei besonders den modernen Arbeitszeiten geschuldet, denen die Händler entgegenkommen müssten, um attraktiv zu bleiben.
Ein weiteres Argument, um in einem bestimmten Supermarkt zu kaufen, seien die wöchentlichen oder auch täglichen Angebote der verschiedenen Anbieter. Der monatliche Großeinkauf sei Reminiszenz an vermeintlich schlechtere Zeiten, was die Sparangebote betrifft, und Spanier besorgten heute gezielt Produkte in einem bestimmten Laden, wo diese besonders günstig zu erwerben seien.
Die Markt- und Konsumforscher von Nielsen stellten in einer im vergangenen Frühling vorgestellten Studie fest, dass Spanier dementsprechend ihrem gewöhnlichen Laden untreu würden, wenn etwas Bestimmtes zu einem günstigeren Preis irgendwo anders offeriert werde. In der zugrundeliegenden Befragung gaben 75 Prozent zu, bei ihren Einkäufen aktuelle Angebote im Kopf zu haben. Unter anderem aus diesem Verhalten ergibt sich, dass generell meistens nur kleine Einkäufe getätigt werden, die im Durchschnitt nicht mehr als 15 Euro kosten, diese dafür aber mehrfach die Woche oder gar mehrfach täglich, je nach Bedarf und Nutzen.